Chemische Fabrik Stegelitz

Das Grundstück in der Ohsener Straße, 1909 (Bauaktenarchiv Stadt Hameln)

Sieben Jahre lang hat der Chemiker Dr. Stegelitz die ehemals Klussmannsche Chemiefabrik in der Ohsener Straße betrieben. Auch er hatte Ferrum reductum produziert und stand damit in Konkurrenz zu Dr. Paul Lohmann (1858-1955). Lohmann kaufte ihm 1895 seine Fabrik ab, um die Konkurrenzsituation zu beenden. In einem Bericht der Degussa wird formuliert, Lohmann habe „die Dr. Steglitz‘sche Fabrik in Hameln ausgekauft“.

Der Fabrikant schloss einen auffallend harten Kaufvertrag mit dem Chemiker: Stegelitz durfte nirgendwo wieder eine chemische Fabrik gründen oder pachten, unter Androhung einer Konventionalstrafe niemandem erzählen, wie er Ferrum reductum und Kalium carbonicum hergestellt hatte, und er musste alle seine Geschäftsbücher und -korrespondenz abgeben. Stegelitz wollte sich auf die Tintenfabrikation verlegen, doch auch das versuchte Lohmann vertraglich zu reglementieren. Für die Produktion durfte der Chemiker kein Fabrikgebäude kaufen, sondern musste sie in seiner eigenen Wohnung durchführen. Zudem war es ihm verboten, einen Umsatz von 3.000 Mark pro Jahr zu überschreiten. Seine jetzige Chemie-Firma musste er umgehend aus dem Handelsregister löschen lassen.

Lohmann benötigte das Fabrikgebäude aber offenbar nicht für eigene Zwecke. Bald wohnten wechselnde Mieter im Gebäude, ab 1900 wurde es als „Komptoir und Niederlage der Wolterschen Bierbrauerei Braunschweig“ genutzt. 1903 zog die Hamelner Metall- und Blechwarenfabrik GmbH hier ein.

Spätestens ab 1909 wollte Lohmann das Gebäude wieder verkaufen, aber das erwies sich als schwierig. Es kam immer wieder zu Leerstand und die Erleichterung dürfte groß gewesen sein, als sich 1917 mit der Marmeladenfabrik Niehenke erst ein Pächter und 1920 ein Käufer für das Gebäude fand.

In Teilen steht das Gebäude noch heute in der Ohsener Straße und dürfte eines der ältesten Hamelner Industriegebäude sein. Es gehört 2019 zur Autoreparaturwerkstatt der Brüder Zaiter.

Quelle: Bauaktenarchiv der Stadt Hameln, Grundbuchamt Hameln

Autorin: Gesa Snell