Das Treffen der großen Sagengestalten

Der Rattenfänger von Hameln, Robin Hood aus Nottingham und Wilhelm Tell aus der Schweiz - gemeinsam sind sie das Bündnis „Legion of Legends“. Um die Freundschaft lebendig zu halten, treffen sie sich zu besonderen Anlässen. Zuletzt war es Ende Juli in Tells Heimat soweit.

Vom 21. bis 23. Juli trafen sich die Legenden in der Schweiz bei Luzern am Vierwaldstätter See. Dort wurde der Rütlischwur, zum 710. Mal begangen - er markiert den Dreh- und Angelpunkt der Tell`schen Sage und hat den berühmten "Apfelschuss" hervorgerufen. Im Vordergrund des Treffens standen jedoch auch: Die erneute Gemeinschaft und der interkulturelle Austausch. Denn "Legion of Legends" soll weiter wachsen, so der Wunsch. Die Idee: regelmäßige Treffen zu organisieren und dabei symbolisch ein Bild der Historie der starken Legenden des europäischen Kontinents zu demonstrieren. Unter sind bereits Schottlands Braveheart, Frankreichs Jeanne D’Arc und Spaniens Don Quixote dabei.

Das lange Wochenende mit Tell und seinen Freunden war eine bereichernde Zeit: Es gab ein herzliches Willkommen im Rathaus Schwyz, einen interessanten Rundgang durchs Bundesbriefarchiv und einen erlebnisreichen Besuch der Schuler St. Jakobs-Kellerei in Schwyz mit Besichtigung ihrer Fass-Küferei und dem eindrucksvollen Weinkeller. Am zweiten Tag ging es auf Fahrt mit einem Rad-Dampfschiff nach Rütli, die Legenden leisteten dort „ihren“ Rütli-Schwur und setzten danach die Rundfahrt mit vielen Fanbegegnungen auf dem Vierwaldstätter See inklusive Urnersee nach Luzern fort. Dort erwartete sie schon die Kanton Ratspräsidentin. Am letzten Tag ging es in den Goldauer Tierpark und im Anschluss mit der Rigi-Zahnradbahn auf Fahrt. Auf dem Rückweg besuchten die Legenden die einzigartige Armbrust-Werkstatt des "Tell" in Gersau.

Am Wochenend-Treffen nahmen teil: Aus Hameln Rattenfänger-Darsteller Michael Boyer, aus Nottingham Tim Pollard (Robin Hood), Robert Sim (böser Sheriff) und Ratsfrau Jackie Morris und aus der Schweiz waren Sepp Steiner (Wilhelm Tell) und Christian Detterbeck (Landvogt Geßler) dabei  - unterstützt von den drei Schweizer Gardisten Marco Pögen, Armin Nideröst und Bruno Fanchini sowie Hedwig Zangger, die Assistentin und Lebensgefährtin von Sepp Steiner.

 

Das Wochenende im Detail:

Der erste Tag: Die Schweizer Garde hat sich in Ihrer traditionellen Kluft eingefunden, von Kopf bis Fuß rot mit einem weißen Kreuz auf der Brust, mit Hellebarde, Schwert und einem metallenem Helm. Als Überraschung von dem geordertem Taxi-Unternehmen wurden die „Legion of Legends“ in einer weißen Stretch-Limousine samt Garde vom Hotel zur Schwyzer Weinhandlung Schuler gefahren. Diese wird in 11. Generation geführt und ist mittlerweile 325 Jahre alt. Ein Sekt-Empfang mit anschließendem Snack und einer kleinen Kostprobe von Weinen war vorbereitet und festlich durchgeführt worden. In der angeschlossenen Küferei wurde den Gästen demonstriert, wie ein Holzfass entsteht. Die Legenden verewigten sich auf dem frisch gebrandeten Fass und bei der Besichtigung des Weinkellers gab es spontan im schummerigen Licht, vor Riesen-Holzfässern ein Fotoshooting. Die Tell-Werkstatt siedelt gerade auf das Gelände der Weinhandlung um. Hintergrund ist, dass der Fortbestand der mittelalterlichen Werkstatt gesichert werden soll. Denn wie ein guter Wein ist mittlerweile Tell-Werkstatt-Leiter Sepp Steiner selbst in besten Jahren und freut sich über den Fortbestand durch die Weinhandlung Schuler.

Vor dem Bundesbrief-Museum, dem zentralen Dokumentenarchiv, in dem der Bundesbrief von 1291 mit dem Original-Rütlischwur aufbewahrt wird, wurden die Legenden „standesgemäß“ auf der Treppen-Empore von zwei Alphorn-Bläsern empfangen. Im Rathaus von Schwyz wurden die Legionärs von Regierungsrat Andreas Barraud und André Rüegsegger, von Touristikern sowie Pressevertretern empfangen, auch der Gemeinde-Präsident, Xaver Schuler, war anwesend. Im Festsaal spielten anschließend der Rattenfänger, Robin Hood, Nottinghams Sheriff, Wilhelm Tell und Geßler dem ausgewähltem Publikum ihre Geschichte vor. Im Weiteren brach Nottinghams Ratsfrau Jackie Morris eine Lanze für die kulturelle Vereinigung sowie für die nachhaltige Erweiterung und Festigung der „Legion of Legions“.

Der zweite Tag: Heute fuhren die Legenden mit einem über 100 Jahre alten Raddampfer über den Vierwaldstätter See mit Kurs zum Rütli und gingen bergan zu dem Platz, wo der Rütlischwur vor 710 Jahren im Mantel der Dunkelheit stattgefunden haben soll. Die Garde rief zur Formation auf und dann folgte der große Moment: die Legenden leisteten nun jeweils in ihrer Landessprache den Schwur auf die Vereinigung der „Legion of Legends“. Etwas oberhalb des Platzes liegt die Rütli-Wiese. Die Wiese gehört allen Kindern der Schweiz (kein Staats-Eigentum). Nahezu alle Schweizer Kinder fahren in ihrem Schulleben einmal mit der Klasse zu der Wiese, ähnlich wie nahezu alle niedersächsischen Kinder mal den Rattenfänger in Hameln besuchen. Auf der Weiterfahrt ging es auch an der Tell-Platte vorbei. Dort soll er der Sage nach vom Boot auf das Ufer gesprungen sein und dadurch dem Landvogt Geßler entgangen und seine Freiheit wieder erlangt haben.

In Luzern wurde die Delegation am Bootsanleger schon von der Kanton-Ratspräsidentin, Vroni Thalmann-Bieri, erwartet und ging mit allen durch die Hafen-City, die am Uferrand gesäumt ist von vielen kleinen Geschäften und gastronomischen Einrichtungen. Eine verwinkelte Flussbrücke und Promenade mit hübscher barocker Altstadt direkt an der Reuss und dem Vierwaldstätter See, erklären, warum viele asiatische Gäste den Weg in dieses Städtchen finden. Der Abend endete mit dem Besuch des Ratskellers mit angeschlossener Brauerei. Auf der Rücktour wurde halt an der „Hohlen Gasse“ gemacht, wo der Tell der Sage nach den Geßler tötete. Wie die Rütli-Wiese ist auch dieser Ort den Kindern der Schweiz zugesprochen worden. Die Gasse wurde wieder in ihren Ursprung versetzt, dazu musste eine moderne Schicht abgetragen werden - zur Finanzierung der Maßnahme mussten vor Zeiten dafür Kinder 20 Gulden in die Schule mitbringen. Schließlich wurden ein Grillplatz und eine Spielwiese sowie ein überdachter Informationsraum angelegt.

Der dritte Tag: An diesem Tag waren die Legenden in Goldau in einem Tierpark unterwegs, der in einem Bergsturz-Gelände angelegt wurde. Das Gelände wurde weitestgehend so belassen und ausschließlich in der Region lebende Tiere werden im Tiergarten gehegt. Der Berg war 1806 abgegangen und hatte damals ein ganzes Dorf mit über 400 Menschen unter sich begraben.

Es ging zu Fuß weiter zur Rigi-Talstation wo schon Zugbegleiter Hanspeter Gloor verkleidet als Geschichtsschreiber der traditionellen Rigi-Bahn wartete. Ein reich verziertes Schreibbuch aus 1600 unter dem Arm mit Holzschnitzerei, Nieten und Goldrändern, begrüßte er die Ankömmlinge aufs Herzlichste. Die Zahnradbahn wurde das erste Mal 1871 in Betrieb genommen. Mit einer Steigung von 19,4 Prozent oder 1940 Promille fährt die Bahn auf 1800 Meter hinauf. Richtung Viznau sind es streckenweise 25 Prozent. Die Rigi-Bahner wollten die Fahrt mit den Legion of Legends zelebrieren und das gelang ihnen: Bei dem Halt auf der Bergstation hingen sie einen klassischen alten Salonwagen an und eine „Baroness“, Carmen Brecht, bewirtete die Gäste. Wenn in der Schieflage auch das Einschenken der Getränke etwas abenteuerlich war, so schwappte aus den speziellen schiefen Gläsern nichts über. Einziger Wehmutstropfen: Der Rigi hing an diesem Tag im Nebel.

Später bat noch Tell, alias Sepp Steiner, in seine gute Stube, der Tellschen Armbrust-Werkstatt: Neben dem altertümlichen Bau von Armbrüsten, die von ihm in altmodischer Methode hergestellt werden, demonstrierte er informativ und unterhaltsam eine Hand-Drechselbank, einen Hand-Bohrer und eine Seil–Maschine aus der Zeit des Mittelalters. Zum Abschluss hatte Tell Geschenke für die Gäste: Er überreichte Schneidebretter aus Holz mit ausgeschnittenem Rigi-Panorama samt Schweizer Messer zudem lokale Salami und von einem Gersauer Partner handgewebte Handtücher mit eingewebten Wilhelm-Tell-Motiv.

Vendelin Coray, Tourismuschef vom Kanton Schwyz, lobte Christian Detterbeck für die gelungene Ausarbeitung des Programms des Legenden-Wochenendes und wird es als Grundlage für eine Tell-Tour weiter verwenden. „Dieses emotionale Erleben der Schweiz kann wirklich nur perfekt in der zentralen Schweiz erlebt werden“, so abschließend Tells Assistentin Hedwig Zangger. Die Legion of Legions trennten sich im Gersauer Landgasthaus „Tübli“ in aller Freundschaft und gerne zahlte der „geläuterte“ Landvogt Geßler die Zeche mit einem vollen Sack freier Gersauer Gulden.

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